Nein zu Gewalt gegen Kinder braucht noch viel Bewusstseinsbildung
Das Forum Beziehung, Ehe und Familie (FBEF) der Katholischen Aktion Österreich begrüßt die Regierungskampagne für mehr Kinderschutz, sieht aber noch einen deutlichen Ausbaubedarf bei den Präventionsangeboten und bewußtseinsbildenden Maßnahmen. Die seit Anfang April laufende Kampagne "Nein zu Gewalt" setzt einen wichtigen Schritt zur Bewusstmachung des Themas, so das Forum. Vielfach stoße man noch immer auf Tabus, über die Gewalt, die Kindern angetan wird, zu reden. So sei etwa vielen nicht klar, wann die Gewaltspirale beginnt, nämlich bereits beim Anschreien oder heftigen Beschimpfen.
Ebenso ist wenigen bewusst, dass Gewalt in der Erziehung seit 35 Jahren verboten ist, hält das Forum fest. Da viele junge Eltern keine Alternativen kennengelernt haben, sondern selbst mit Gewalt erzogen wurden, greifen sie auf dieses ihnen vertraute Handlungsmuster zurück. Dabei geht es hier nicht um eine Frage des Erziehungsstils, sondern um eine klare Zuwiderhandlung gegen die Rechte des Kindes und seinen gesetzlichen Schutz vor Gewalt, unterstreicht die FBEF-Vorsitzende Herta Wagentristl.
Um diese Gewalt-Tradition zu durchbrechen, ist es nötig, sich bewusst mit ihr und ihren – meist vielfältigen - Ursachen auseinanderzusetzen. Wenn etwa junge Väter oder Mütter merken, dass sie – gerade in Situationen von Stress und Überlastung – zu Gewalt greifen, obwohl sie eigentlich nicht wollen und es innerlich ablehnen, müssen sie niederschwellige Angebote der Beratung und Begleitung finden können.
De facto werden solche Hilfsangebote aber zu selten in Anspruch genommen, auch deshalb, weil sie selbst bezahlt werden müssen, so das FBEF. Hier bräuchte es kostengünstige Angebot für Eltern, die sich mit ihrer eigenen Gewaltgeschichte auseinandersetzen wollen, um in Konfliktsituationen mit den eigenen Kindern nicht in alte Muster zu verfallen. Solche Angebote wären ein wichtiges Mittel der Prävention. Auch gelte es, den Betroffenen und der Öffentlichkeit bewusst zu machen, dass die Inanspruchnahme eines solchen Angebotes nicht Zeichen eines Versagens ist, dessen man sich schämen müsste, sondern ein Schritt der Stärke und des Mutes.
19.000 Anzeigen im Jahr 2022
Justizministerin Alma Zadic, Familienministerin Susanne Raab, Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm und Sozialminister Johannes Rauch hatten am 8. April die erste bundesweite Kinderschutz-Kampagne "Nein zu Gewalt" präsentiert. Ziel der Kampagne sei es, Erwachsene für die Anzeichen von Gewalt gegen Kinder zu sensibilisieren und dagegen auch etwas unternehmen. Kinder und Jugendliche sollen im Bewusstsein bestärkt werden, dass Gewalt nie okay ist und sie ein Recht auf gewaltfreies Aufwachsen haben. Sie würden dazu ermutigt, Grenzen zu setzen, und erhalten Informationen über Unterstützungsangebote, hieß es.
Die Kampagne, für die ein Budget von 2 Millionen Euro zur Verfügung steht, sei unter Einbindung von Kinderschutzorganisationen und Kindern sowie Jugendlichen entwickelt worden und wird in den nächsten Wochen im öffentlichen Raum, im Hörfunk und auf Social Media zu sehen und zu hören sein.
Mobbing und psychische Gewalt
Neben körperlicher gibt es eine Vielzahl weiterer Formen von Gewalt, wurde bei der Präsentation unterstrichen. Laut Statistik wurden im Jahr 2022 rund 19.000 Anzeigen erstattet, weil Kinder in irgendeiner Form Opfer von Gewalt wurden (körperliche Gewalt, sexuelle Gewalt, Freiheitsentzug). Informationen von Kinderschutzeinrichtungen zufolge sind Mobbing und psychische Gewalt in der Schule oder online die häufigste Gewalterfahrung, von denen Kinder und Jugendliche berichten, gefolgt von psychischer und körperlicher Gewalt in der Familie, wozu auch die miterlebte Gewalt gegen enge Bezugspersonen des Kindes – wie etwa die Mutter – gezählt wird.
Weitere Informationen sind auf der Kampagnen-Website zu finden.
(jp, 18.4.2024)